Gesät­tig­te Neugier

Die Wis­sen­schaft kann so vie­les erklä­ren, dass bei man­chen Men­schen womög­lich der Ein­druck ent­stan­den ist, sie kön­ne alles erklä­ren. Die Auf­nah­me­fä­hig­keit ist schließ­lich begrenzt und das „Erkann­te“ ist schon viel, viel mehr, als ein ein­zel­ner Mensch über­haupt über­bli­cken kann.

Viel­leicht ist auch das ein Teil der Erklä­rung für den fes­ten Glau­ben vie­ler Men­schen an die Wis­sen­schaft, die Erkennt­nis­se von ihr ver­lan­gen, wel­che sie gar nicht zu leis­ten in der Lage ist.

Schwin­den­der Zusam­men­halt durch zu hohe Komplexität

Über alle Wis­sen­schafts­be­rei­che gese­hen gibt es „zu vie­le” Erkennt­nis­se aus den unter­schied­lichs­ten Gebie­ten und es wer­den in immer kür­ze­rer Zeit immer mehr, als dass sie noch jemand ord­nen und in ein kon­sis­ten­tes Welt­bild ein­fü­gen könnte.

Ver­liert die Wis­sen­schaft lang­sam ihre welt­erklä­ren­de Funk­ti­on, da sie irgend­wann kei­ne inte­gra­ti­ve Kraft mehr hat, ihre Erkennt­nis­se zu „nor­mie­ren“, son­dern nur noch vie­le „Ein­zel­er­kennt­nis­se” ohne Zusam­men­hang „pro­du­ziert”?

Abso­lut­heits­an­spruch der Wirtschaftspropheten

So wie die Wis­sen­schaft aus der Sicht des Ratio­na­lis­mus bean­sprucht, die Welt voll­stän­dig erklä­ren zu kön­nen, so bean­sprucht in der Gegen­wart unse­rer (west­li­chen) Gesell­schaft die Wirt­schaft, das gesam­te Leben nach ihren Metho­den zu formen.

Unab­hän­gig davon, dass, so wie die Wis­sen­schaft bestimm­te Berei­che sys­tem­be­dingt nicht erklä­ren kann, auch die Geset­ze der Wirt­schaft nur in bestimm­ten Berei­chen gel­ten. Das ist Fun­da­men­ta­lis­ten aber egal.

Frei­heit con­tra Gleichheit

In vie­len Gesell­schaf­ten ist Gleich­heit wich­ti­ger als Frei­heit. Warum?

Viel­leicht ver­birgt sich dahin­ter die Angst, zu ver­sa­gen. Frei­heit bedeu­tet immer auch die Frei­heit, sich falsch zu ent­schei­den und damit schei­tern zu kön­nen. Viel­leicht treibt gera­de die­se Ver­sa­gens­angst Men­schen dazu, es sich auf einem gleich­blei­ben­den Niveau bequem zu machen und eigen­ver­ant­wort­li­ches Han­deln zu erschwe­ren. Nach dem Mot­to: Bevor eini­ge Schei­tern blei­ben wir doch lie­ber alle gemein­sam auf nied­ri­gem Niveau. Wie sozial.

Hal­be Geister

So wie vie­le logisch gepräg­te Men­schen nichts mit Kunst anfan­gen kön­nen, so haben künst­le­ri­sche Men­schen oft „kei­nen Zugang” zur Logik.

Doch wäh­rend künst­le­ri­sche Men­schen oft eine zu star­ke Ver­nunft­s­be­to­nung von sich aus nicht wol­len, schei­tern all­zu logi­sche Geis­ter oft frus­triert an dem Erken­nen des Wesens von Din­gen, deren eigent­li­che Beson­der­heit ein Stück in ihrer unlo­gi­schen Natur liegt, ohne dass sie dies ahnen würden.

Nur rein durch Logik kann die­se Welt nicht ver­stan­den werden.

Tei­le und verliere

Frü­her leb­ten Men­schen in klei­nen Gemein­schaf­ten zusam­men. Ihre Lebens­welt und ‑wirk­lich­keit war über­schau­bar. Irgend­wann kam er zu einem Punkt, an dem die Men­ge des Wis­sens und der Erfah­rung so groß wur­de, dass nicht mehr jeder „alles” wis­sen konnte.

Mit stei­gen­dem Lebens­ni­veau haben sich Wis­sen und Erfah­rung immer wei­ter unter den Men­schen dif­fe­ren­ziert. Heu­te kann nie­mand mehr alles über­bli­cken. Beson­ders die Zusam­men­hän­ge zwi­schen ver­schie­de­nen Ent­wick­lun­gen kön­nen kaum abge­schätzt wer­den. Die Welt ist „zu groß gewor­den”. Die­se „teil­wei­se Blind­heit” könn­te dem Men­schen lang­fris­tig sehr scha­den. Viel­leicht fatal.

Zeit­raum oder ‑punkt?

Für vie­le archai­sche Völ­ker voll­zog sich die Zeit zyklisch. Nichts wur­de bis zu einem Punkt etwas und war dann fer­tig; alles kam und ging ewig. Heu­te herrscht in den (west­lich gepräg­ten) Gesell­schaf­ten ein geschicht­li­ches Zeit­ver­ständ­nis vor, nach­dem Ereig­nis­se gesche­hen und danach für immer abge­schlos­sen sind. — Aber woher wol­len wir eigent­lich wis­sen, dass wir uns nicht nur in einem sehr lan­gen Zeit­zy­klus befinden?

Wil­lens­schwä­che durch zu viel Freiheit?

In unse­rer Gesell­schaft sind die meis­ten Men­schen heu­te so frei wie es kaum Men­schen zuvor in der Geschich­te waren. Ihr Leben ist nicht mehr aus­schließ­lich durch Geburt, Geschlecht oder Her­kunft bestimmt.

Doch je grö­ßer die Anzahl der Mög­lich­kei­ten wird, aus denen Men­schen sich ihre Tätig­kei­ten und Inter­es­sen her­aus­su­chen kön­nen, des­to grö­ßer wird die Anzahl jener Mög­lich­kei­ten, die auf­grund der gerin­gen Lebens­zeit über­haupt nicht erfah­ren wer­den können.